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NESTOR China - Quartalsbericht 1/2020

Nestor China-Fonds in Q1 mit −1,1 % nur leicht im Minus und deutlich vor den fallenden chinesischen Märkten, die bei −9,1 % liegen

Marktentwicklung
Der Referenzindex MSCI China fiel im ersten Quartal des Kalenderjahres in Euro um 9,1 %.

Im Januar konnten wir in Asien ein sich verbesserndes makroökonomisches Datenbild beobachten, und wenn COVID-19 nicht gewesen wäre, würden wir jetzt ganz andere Performance-Daten vorliegen haben. Tatsächlich legten insbesondere in China viele Unternehmen positive Betriebsdaten für das 4. Quartal und für Anfang Januar vor.

Wir beobachten einen wahllosen Ausverkauf über alle Anlageklassen hinweg, nicht nur bei Aktien. Die asiatischen Kreditmärkte bewerten hochverzinsliche Anleihen mit einer erheblichen Risikoprämie gegenüber Anleihen derselben Ratingklasse aus Industrieländern. Etwa die Hälfte des Emittentenuniversums wird von chinesischen Bauträgern repräsentiert.

Kurioserweise war China – der wahrscheinliche Ursprung und das Epizentrum von COVID-19 – bei den asiatischen Aktien aufgrund der starken inländischen Unterstützung für Aktien der Klasse A an den Börsen von Shanghai und Shenzhen sowie durch die Verbindung nach Süden in das Hang-Seng-Marktsegment der Unternehmen des chinesischen Festlands ein überraschender Outperformer.

Fondsentwicklung
Wir sind zwar über die negative Gesamtperformance enttäuscht, mit der Outperformance für das Quartal und das laufende Geschäftsjahr aber zufrieden.

Zurückblickende Gewinnschätzungen sind recht bedeutungslos geworden. Obwohl viele Unternehmen hohe Gewinne meldeten, sanken ihre Aktienkurse aufgrund des durch COVID-19 ungewissen Ausblicks. Beispielsweise verkündete Dream International, ein in Hongkong gelisteter Spielzeughersteller, für 2019 einen um mehr als 40 % gestiegenen Gewinn, und dennoch ist die Aktie seit Jahresbeginn um 16 % gefallen und wird mit dem 4-fachen Gewinn gehandelt.

Es ist wichtig, zu verstehen, dass es nicht das Virus selbst ist, das der Wirtschaft schadet, sondern es die weltweite Eindämmungspolitik von Regierungen und Unternehmen (zum Schutz von Menschenleben, des sozialen Zusammenhalts und der Kapazität der Gesundheitssysteme) ist, die zu geringerer Aktivität und einem beispiellosen Stopp der Wirtschaftstätigkeit führt und einen gleichzeitigen Angebots- und Nachfrageschock auslöst. Das unterscheidet sich deutlich von früheren Pandemien wie SARS.

Ausblick und Strategie
China stabilisiert seine Leistungsbilanz in einen Überschuss, da der Tourismus eingestellt und der Ölpreis am Boden ist. Letztes Jahr wurde eine positive Warenbilanz in Höhe von 3 % des BIP durch eine negative Dienstleistungsbilanz (Tourismus sowie etwas versteckte Geldflucht) in Höhe von −2 % konterkariert. Durch den abrupten Einbruch beim Tourismus, vermutlich für einen Großteil dieses Jahres, ist die Leistungsbilanz derzeit so hoch wie im Jahr 2010. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum der Renminbi nicht besonders stark gefallen ist und sich chinesische Anleihen als kontraintuitiver sicherer Hafen mit hohen Zinsen erwiesen haben. Unternehmen zum Transport von festem Massengut teilen uns mit, dass ihr Geschäft in China derzeit gut läuft, was auf einen erheblichen Lageraufbau (beispielsweise bei Stahl) hindeutet, da die Bautätigkeit in China weiterhin gering ist, während Industrieanlagen wieder voll ausgelastet sind. Dieser Lageraufbau könnte sich jedoch bald auflösen, da Immobilienunternehmen ihre Verkaufsbüros wieder geöffnet haben und das Volumen im März bereits wieder auf rund 70 % der Vorjahresverkäufe angestiegen ist. Für die meisten anderen Aktivitätsindizes in China hören wir ähnliche Werte, und Social-Media-Konten zeigen erhebliche Verbesserungen im täglichen Leben.

COVID-19 wird irgendwann Geschichte sein, doch es gibt bereits Anzeichen dafür, was das lang anhaltende Vermächtnis des Virus sein wird. In westlichen Staaten gehören dazu quantitative Lockerung, Zinskurvensteuerung, Modern Monetary Theory (MMT), vielleicht sogar bedingungsloses Grundeinkommen und Eurobonds. Für Asien ist die Zukunft der Globalisierung und der weltweiten Lieferkette die zentrale Frage. Abgesehen von gewissen geostrategischen Überlegungen (beispielsweise Selbstversorgung bei bestimmten pharmazeutischen Gütern), werden sich die Lieferketten gemäß einer von der Bank of America durchgeführten Umfrage unter über 3.000 Unternehmen größtenteils verkürzen und diversifizieren. Genau wie es beim Handelskrieg der Fall war, würde Südostasien auch in einem solchen Szenario profitieren. Die Diversifizierung des Angebots wird auch eine regionale Intensivierung erforderlich machen. Anstatt beispielsweise eine chinesische und eine vietnamesische Komponente zu kombinieren, werden Hersteller ihren Vietnam-Cluster zu einer vollständigen Lieferkette vertiefen, um durch mehr Redundanz im System ihre alleinige Abhängigkeit von China zu reduzieren. Von dieser Intensivierung werden daher bestehende, attraktive FDI-Hubs profitieren, was kontraintuitiv auch eine weiterhin starke Präsenz Chinas bedeutet. Vietnam, Thailand und Malaysia sollten davon profitieren. Marginalere Hubs (beispielsweise Laos) könnten durch eine Verlagerung der Produktion zurück in die USA (vermutlich einschließlich Mexiko) ins Hintertreffen geraten. Alles in allem würden wir erwarten, dass in der globalen Produktion Überkapazitäten aufgebaut werden, da Just-in-Time Raum für etwas beabsichtigte Leerzeit schafft. Weltweit würden die Kapitalerträge sinken.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich globale Anleger daran gewöhnt, dass der S&P 500-ETF die allgemein anerkannte Langzeitinvestition ist, und die Outperformance war in der Tat enorm. Es ist hinlänglich bekannt, dass Unternehmen durch Aktienrückkäufe die mit Abstand größte Nachfragequelle (etwa 500 Milliarden $ pro Jahr) für Aktien in den USA waren, was die Aktienkurse in die Höhe trieb und gleichzeitig die Kurs Gewinn-Verhältnisse pro Aktie verbesserte. Diese treibende Kraft wird in naher Zukunft weitgehend wegfallen, was anderen Teilen der Welt die Möglichkeit gibt, zu glänzen.

Florian Weidinger, Hansabay