NESTOR Fernost - Quartalsbericht 1/2020

Nestor Fernost-Fonds verliert im 1. Quartal 17,9 % und schlägt damit den Referenzindex

Marktentwicklung
Der Referenzindex MSCI AC Asia Pacific ex-Japan verzeichnete im ersten Quartal des Jahres einen deutlichen Rückgang um 20,1 %. Im Januar konnten wir in Asien ein sich verbesserndes makroökonomisches Datenbild beobachten, und wenn COVID-19 nicht gewesen wäre, würden wir jetzt ganz andere Performance-Daten vorliegen haben. Tatsächlich legten viele Unternehmen für das 4. Quartal und für Anfang Januar positive Betriebsdaten vor.

Wir beobachten einen wahllosen Ausverkauf über alle Anlageklassen hinweg, nicht nur bei Aktien. Die asiatischen Kreditmärkte bewerten hochverzinsliche Anleihen mit einer erheblichen Risikoprämie gegenüber Anleihen derselben Ratingklasse aus Industrieländern. Etwa die Hälfte des Emittentenuniversums wird von chinesischen Bauträgern repräsentiert.

Kurioserweise war China – der wahrscheinliche Ursprung und das Epizentrum von COVID-19 – bei den asiatischen Aktien aufgrund der starken inländischen Unterstützung für Aktien der Klasse A an den Börsen von Shanghai und Shenzhen sowie durch die Verbindung nach Süden in das Hang-Seng-Marktsegment der Unternehmen des chinesischen Festlands ein überraschender Outperformer.

Fondsentwicklung
Wir sind zwar über die in absoluten Zahlen negative Performance enttäuscht, der Fonds bewies aber einmal mehr Widerstandsfähigkeit in fallenden Märkten und zeigt eine gute Outperformance seit Jahresbeginn 2020, für das aktuelle Geschäftsjahr und seit Ernennung des neuen Investmentmanagers vor rund drei Jahren. Die Performance ist auch deutlich stärker im Verhältnis zum Deutschen Aktienindex DAX.

Zurückblickende Gewinnschätzungen sind recht bedeutungslos geworden. Obwohl viele Unternehmen hohe Gewinne meldeten, sanken ihre Aktienkurse aufgrund des durch COVID-19 ungewissen Ausblicks. Beispielsweise verkündete Dream International, ein in Hongkong gelisteter Spielzeughersteller, für 2019 einen um mehr als 40 % gestiegenen Gewinn, und dennoch ist die Aktie seit Jahresbeginn um 16 % gefallen und wird mit dem 4-fachen Gewinn gehandelt.

Es ist wichtig, zu verstehen, dass es nicht das Virus selbst ist, das der Wirtschaft schadet, sondern es die weltweite Eindämmungspolitik von Regierungen und Unternehmen (zum Schutz von Menschenleben, des sozialen Zusammenhalts und der Kapazität der Gesundheitssysteme) ist, die zu geringerer Aktivität und einem beispiellosen Stopp der Wirtschaftstätigkeit führt und einen gleichzeitigen Angebots- und Nachfrageschock auslöst. Das unterscheidet sich deutlich von früheren Pandemien wie SARS.

Ausblick und Strategie
China stabilisiert seine Leistungsbilanz in einen Überschuss, da der Tourismus eingestellt und der Ölpreis am Boden ist. Letztes Jahr wurde eine positive Warenbilanz in Höhe von 3 % des BIP durch eine negative Dienstleistungsbilanz (Tourismus sowie etwas versteckte Geldflucht) in Höhe von −2 % konterkariert. Durch den abrupten Einbruch beim Tourismus, vermutlich für einen Großteil dieses Jahres, ist die Leistungsbilanz derzeit so hoch wie im Jahr 2010. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum der Renminbi nicht besonders stark gefallen ist und sich chinesische Anleihen als kontraintuitiver sicherer Hafen mit hohen Zinsen erwiesen haben. Unternehmen zum Transport von festem Massengut teilen uns mit, dass ihr Geschäft in China derzeit gut läuft, was auf einen erheblichen Lageraufbau (beispielsweise bei Stahl) hindeutet, da die Bautätigkeit in China weiterhin gering ist, während Industrieanlagen wieder voll ausgelastet sind. Dieser Lageraufbau könnte sich jedoch bald auflösen, da Immobilienunternehmen ihre Verkaufsbüros wieder geöffnet haben und das Volumen im März bereits wieder auf rund 70 % der Vorjahresverkäufe angestiegen ist. Für die meisten anderen Aktivitätsindizes in China hören wir ähnliche Werte, und Social-Media-Konten zeigen erhebliche Verbesserungen im täglichen Leben.

Thailand ist Asiens offensichtlichstes COVID-19-Opfer, wenn man die Abhängigkeit des Landes vom Tourismus bedenkt (11 % des BIP direkt und über 20 % unter Berücksichtigung von indirekten Effekten). Chinesische Touristen kommen seit Januar und westliche Touristen seit Februar nicht mehr. Nicht einmal Aktien aus dem Gesundheitswesen bieten einen sicheren Hafen, da selbst dieser Sektor vom Medizintourismus abhängig ist. Wir erwarten allerdings, dass Themen mit Bezug zur Infrastruktur sicher sind, da dies ein einfaches Mittel für die Regierung ist, die Massen/Tagelöhner mit Geld zu versorgen.

Indonesien steht aufgrund der Abwertung der Rupiah (−15 % innerhalb von 3 Wochen) unter starkem Druck. Wir haben Dollar-Schuldner aus dem Portfolio aussortiert. Es gibt allerdings Anzeichen, dass die Rupiah das Schlimmste hinter sich hat. Letzte Woche unterzeichnete die Bank Indonesia (BI), die Zentralbank Indonesiens, zur Ankurbelung der Dollar-Liquidität ein Repogeschäft in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar mit der US-Notenbank. Außerdem schloss BI mit anderen Handelspartnern bilaterale Abkommen in vergleichbarer Höhe ab. Die Republik Indonesien schaffte es, Asiens erste 50-jährige US-Dollar-Anleihe zu verkaufen – zu einer Rendite von nur 4,5 %. Das zeigt, wie die US-Geldpolitik einen positiven Einfluss auf Schwellenländer hat.

COVID-19 breitet sich in ganz Asien aus, wenn auch zumindest momentan langsamer als in Europa oder den USA. Außerhalb von Korea/Singapur/Taiwan könnte dies allerdings mehr damit zu tun haben, dass wenig getestet wird und die tatsächliche Infiziertenzahl relativ hoch ist. Indonesien entwickelt sich langsam zu einem Hotspot in Bezug auf die Infektionszahlen. Die Industrieländer haben etwa >10 % ihres BIP als Konjunkturpakete zugesagt, während die meisten asiatischen Volkswirtschaften bei rund 1 bis 5 % des BIP liegen (Singapur und Malaysia sind mit >10 % des BIP die großen Ausnahmen).

Asien ist in makroökonomischer Hinsicht in relativ guter Verfassung. Die meisten Länder befinden sich in einer starken Außenfinanzierungsposition und verfügen über steigende Devisenreserven und stabile Leistungsbilanzen. Im Schnitt haben die Länder ein Haushaltsdefizit in Höhe von 3 %, wobei die mit der Pandemie zusammenhängende fiskalische Expansion weitere 2 bis 3 % ausmacht (mit Ausnahme von Malaysia und Singapur). Bei einem nominalen BIP-Wachstum von 5 bis 10 % sind dies vertretbare Zahlen. Die Industrieländer haben etwa >10 % ihres BIP in Form von Konjunkturpaketen zugesagt und werden eine weitaus schlimmere Verschlechterung ihrer Finanzen erleben. Niedrigere Ölpreise dürften für die Region im Großen und Ganzen positive Auswirkungen haben. Ausländische Direktinvestitionen (FDI), die bei vielen Ländern etwa 4 % des BIP ausmachen, sowie Geldsendungen in Höhe von bis zu 10 % für den Großteil Südostasiens, dienen als weiterer Puffer.

COVID-19 wird irgendwann Geschichte sein, doch es gibt bereits Anzeichen dafür, was das lang anhaltende Vermächtnis des Virus sein wird. In westlichen Staaten gehören dazu quantitative Lockerung, Zinskurvensteuerung, Modern Monetary Theory (MMT), vielleicht sogar bedingungsloses Grundeinkommen und Eurobonds. Für Asien ist die Zukunft der Globalisierung und der weltweiten Lieferkette die zentrale Frage. Abgesehen von gewissen geostrategischen Überlegungen (beispielsweise Selbstversorgung bei bestimmten pharmazeutischen Gütern), werden sich die Lieferketten gemäß einer von der Bank of America durchgeführten Umfrage unter über 3.000 Unternehmen größtenteils verkürzen und diversifizieren. Genau wie es beim Handelskrieg der Fall war, würde Südostasien auch in einem solchen Szenario profitieren. Die Diversifizierung des Angebots wird auch eine regionale Intensivierung erforderlich machen. Anstatt beispielsweise eine chinesische und eine vietnamesische Komponente zu kombinieren, werden Hersteller ihren Vietnam-Cluster zu einer vollständigen Lieferkette vertiefen, um durch mehr Redundanz im System ihre alleinige Abhängigkeit von China zu reduzieren. Von dieser Intensivierung werden daher bestehende, attraktive FDI-Hubs profitieren, was kontraintuitiv auch eine weiterhin starke Präsenz Chinas bedeutet. Vietnam, Thailand und Malaysia sollten davon profitieren. Marginalere Hubs (beispielsweise Laos) könnten durch eine Verlagerung der Produktion zurück in die USA (vermutlich einschließlich Mexiko) ins Hintertreffen geraten. Alles in allem würden wir erwarten, dass in der globalen Produktion Überkapazitäten aufgebaut werden, da Just-in-Time Raum für etwas beabsichtigte Leerzeit schafft. Weltweit würden die Kapitalerträge sinken.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich globale Anleger daran gewöhnt, dass der S&P 500-ETF die allgemein anerkannte Langzeitinvestition ist, und die Outperformance war in der Tat enorm. Es ist hinlänglich bekannt, dass Unternehmen durch Aktienrückkäufe die mit Abstand größte Nachfragequelle (etwa 500 Milliarden $ pro Jahr) für Aktien in den USA waren, was die Aktienkurse in die Höhe trieb und gleichzeitig die Kurs-Gewinn-Verhältnisse pro Aktie verbesserte. Diese treibende Kraft wird in naher Zukunft weitgehend wegfallen, was anderen Teilen der Welt die Möglichkeit gibt, zu glänzen.

Florian Weidinger, Hansabay