NESTOR Osteuropa - Quartalsbericht 3/2018

Mittel- und osteuropäische Märkte konnten sich wieder fangen, aber es besteht kein Grund zum Jubel

An den Kapitalmärkten war es in der Sommerzeit früher viel ruhiger. Viele Händler machten sich auf den Weg in den Urlaub, um sich zu erholen und auf die geschäftigere Zeit ab September vorzubereiten. Die Aktienmärkte bewegen sich in diesem Zeitraum gewöhnlich in einer engen Spanne, und die Volatilität bleibt im Vergleich zu anderen Monaten niedrig. Da in den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern an der Nachrichtenfront viel passierte, verlief dieser Sommer jedoch ganz anders. Die Aktienmärkte der Region beendeten zwar das dritte Quartal 2018 im positiven Terrain, doch der Weg dorthin war alles andere als gradlinig.

Der NESTOR Osteuropa Fonds hat sich in den letzten Jahren vom türkischen Markt ferngehalten. Wir hielten die Wirtschaft für überhitzt, und unserer Ansicht nach waren die Inflation und Wechselkurse außer Kontrolle geraten. Die Finanzierung des Zwillingsdefizits war auf Dauer einfach nicht tragbar. Früher oder später musste auch der Aktienmarkt die Probleme zu spüren bekommen. Ende Juli wurde das Land von der harten Realität eingeholt, als die Lira innerhalb von drei Wochen rund 30 % ihres Wertes verlor. Zudem schossen die Geldmarktzinsen in die Höhe, und an der Börse wurden 25 % der Marktkapitalisierung vernichtet. Die Krise in der Türkei löste einen Dominoeffekt in den Schwellenländern aus, und eine breite Ansteckung wurde befürchtet. In dieser Phase wurden erhebliche Mittelabflüsse verzeichnet, und eine massive Verkaufswelle traf nahezu alle aufstrebenden Märkte, darunter China, Brasilien und Russland.

Russische Aktien, die im Portfolio der Fonds am stärksten gewichtet sind, büßten bis Mitte August rund 15 % ein. Dabei muss sich vor Augen gehalten werden, dass sich die russische Wirtschaft von der türkischen völlig unterscheidet. So weist Russland dank der aktuell hohen Ölpreise Haushalts- und Leistungsbilanzüberschüsse auf. Die allgemeine negative Stimmung an den Finanzmärkten der Welt wirkte sich negativ auf den russischen Markt aus, wobei vor allem der Finanzsektor getroffen wurde. Die Gerüchte über neue US-Sanktionen gegen vom russischen Staat kontrollierte Banken verschlimmerten nur die Lage. Die Sberbank, eine der am besten kapitalisierten und profitabelsten Banken Europas, verlor rund 50 % ihres Börsenwertes. Die Öl- und Gasunternehmen zeigten sich dank des höheren Ölpreises widerstandsfähiger, ihre Kurse gaben nur geringfügig nach. Da wir zu Beginn des Quartals hohe Barmittel hielten, konnten wir im „Sommerschlussverkauf“ zuschlagen. Unsere Favoriten waren Sberbank, Lukoil, Gazprom Neft, PKN und MOL.

In Polen und Ungarn sahen sich die Anleger ebenfalls politischen Unwägbarkeiten gegenüber. Durch den Sargentini-Bericht über die demokratischen und rechtsstaatlichen Veränderungen in Ungarn und die Zwangspensionierung von Richtern in Polen sah sich die EU gezwungen, Verfahren gegen die beiden Mitgliedstaaten einzuleiten. Gegen die derzeit regierenden populistischen Regierungen könnten schwere Strafen von der EU ausgesprochen werden. In welcher Form und wann sie greifen, lässt sich allerdings schwer sagen. Nach unserer Beobachtung haben die Anleger wegen der genannten politischen Unsicherheiten beide Märkte gemieden.

In der letzten Zeit wurde den Fundamentaldaten der Unternehmen keinerlei Beachtung geschenkt. Wir halten es aber immer noch für unerlässlich, sie gründlich zu analysieren, wobei wir zu dem Schluss kamen, dass sie nach wie vor recht solide sind. In diesem schwierigen politischen und wirtschaftlichen Umfeld haben die meisten großen und wichtigen Unternehmen gute Quartalszahlen gemeldet. Die Unternehmen aus der Region (ohne Gazprom) generieren einen höheren freien Cashflow denn je; folglich sind die Bewertungen weiterhin niedrig. Allerdings muss auch angeführt werden, dass sie nun schon über Jahre konstant tief sind.

Im dritten Quartal hielten wir an einigen Schwerpunkten fest: Übergewichtung von Russland, Untergewichtung von Polen und eine neutrale Position in Ungarn. Als neue strategische Entscheidung ist die Tschechische Republik nun untergewichtet. Auf Sektorebene bevorzugten wir Öl- und Gasunternehmen sowie Finanzwerte. In der letzten Woche des Quartals, als der Preis für Brent-Öl mit 82 US-Dollar je Barrel ein Vierjahreshoch erreichte, nahmen wir bei Öl- und Gasschwergewichten wie Lukoil, Rosneft und Gazprom Neft Gewinne mit. Zudem kauften wir russische Einzelhandelsunternehmen zurück, die im Laufe des Jahres erheblich gelitten hatten.

Im vergangenen Quartal bildeten aktive Anlageentscheidungen wie üblich die Grundlage unseres Portfoliomanagements, und daran werden wir wohl auch in Zukunft nichts ändern. Wir sind überzeugt, dadurch einen erheblichen Mehrwert für die Performance des NESTOR Osteuropa Fonds schaffen zu können.

Der NESTOR Osteuropa Fonds erzielte im dritten Quartal eine Performance von +8,2 %. Auf Euro-Basis entwickelten sich die wichtigsten mittel- und osteuropäischen Märkte wie folgt: Russland +3,84 %, Polen +9,35 %, Ungarn +4,88 % und die Tschechische Republik +4,83 %.

In den letzten Quartalswochen konnte sich die Region insgesamt deutlich erholen, was in erster Linie auf den nachlassenden Druck auf die Schwellenmärkte und die steigenden Ölpreise zurückzuführen war. Allerdings ist es schwer zu sagen, wie lange diese positive Stimmung anhalten wird. Die zentralen wirtschaftlichen und politischen Probleme bleiben die gleichen.

Die Region hält somit hohe Risiken bereit. Angesichts der extrem hohen Ausschüttungsquote der Unternehmen und niedriger Bewertungen bietet sie aber auch ein hohes Ertragspotenzial.